Michael Gröll

 

(1722-1798), Drucker und Buchhändler.
Sein Vater Georg produzierte Kurzwaren. Michael Gröll wurde wahrscheinlich in Nürnberg geboren. Nach einem Universitätsstudium arbeitete er in der Buchhandlung Frise und Rüdiger. 1750 zog er nach Dresden, fünf Jahre später gründete er ein gemeinsames Unternehmen mit dem Dresdener Buchhändler J. W. Harpert, eröffnete aber schon nach einem Jahr sein eigenes Geschäft. Damals knüpfte er erste Kontakte mit dem polnischen Buchhandel und Verlagswesen. Mitte 1759 siedelte er nach Warschau über und nahm als königlicher Kommissar Quartier im Königsschloss. 1762 wurde er erster polnischer Auktionär, eröffnete ein Anzeigenbüro und begann, die „Warszawskie Ekstraordynaryjne Tygodniowe Wiadomości” (Warschauer Außerordentliche Wochennachrichten) herauszugeben – das erste polnische Anzeigenblatt. Im Jahr darauf verließ er das Schloss und ließ sich im Marywil-Handelskomplex Nr. 19 in Warschau nieder, wo er eine Buchhandlung und ein Anzeigenbüro mit einem Auktionssaal eröffnete. Seine Firma entwickelte sich schnell und wurde zu einer der größten Buchhandlungen nicht nur in Warschau, sondern in ganz Polen. Gröll entwickelte viele neue, damals wenig bekannte Formen des Handels (Buchauktionen, Kataloge, Buch- und Buchhandlungsrezensionen). 1769 eröffnete er neben seiner Buchhandlung einen öffentlichen Lesesaal und eine Buchausleihe – eine der ersten in Warschau. Berühmt wurde er mit seinen Ausgaben polnischer Schriftsteller und Poeten (Krasicki, Naruszewicz, Trembecki, Kniaźnin, Niemcewicz) sowie Literaturübersetzungen aus Fremdsprachen. Er versuchte, polnische Bücher auf dem gesamteuropäischen Markt einzuführen. 1770 übernahm er die Herausgabe von „Zabawy Przyjemne i Pożyteczne” (Angenehme und nützliche Spiele), wodurch er mit höfischen Kreisen in Kontakt kam. Nach dem Tod seiner Ehefrau Joanna Zofia Schüller 1776 heiratete er Zofia Karolina Jacobson, die ihm es ihm ermöglichte, eine eigene, gut ausgestatte Druckerei zu eröffnen (anfangs in Marywil, später in der Długa-Straße, dann in der Leszno-Straße). Während des Vierjährigen Sejms (1788-1792) wurde Grölls Firma zur wichtigsten Verlagsstätte patriotischer, politischer Literatur. Anschließend nahm die Aktivität der Druckerei ab. Trotz seines fortgeschrittenen Alters meldete Gröll sich zum Kościuszko-Aufstand und gab die „Warschauer Zeitung für Polens freie Bürger” (deutscher Titel) heraus. 1795 übergab er die Druckerei dem Schwiegersohn J. C. G. Ragoczy, der sie auf den Marktplatz (Rynek 52) verlegte. Gemeinsam mit seinem Sohn widmete sich Gröll der Buchhandlung. Er verstarb am 2. November 1798 und wurde auf dem evangelisch-augsburgischen Friedhof beigesetzt. Nach dem Tod des Vaters wanderte der Sohn nach England aus, die Buchhandlung wurde versteigert.

[Quelle: Biogramm im Polski Słownik Biograficzny von Zdzisław Staniszewski]